Haben Sie sich jemals dabei ertappt, wie Sie sehnsüchtig über die Alpen blickten, ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte in der Hand, und sich fragten: „Ist das Leben nicht zu kurz, um Deutsch zu lernen?“ Nun, Sie sind nicht allein. Dieser Gedanke, dieses kleine Stückchen intellektuelle Kapitulation, geistert durch die Köpfe vieler Menschen, die vor den Toren der deutschen Sprache stehen.
Doch woher kommt diese Behauptung, diese fast schon mantraartig wiederholte Phrase? Ist die deutsche Sprache wirklich ein undurchdringlicher Dschungel voller grammatikalischer Fallstricke und unaussprechlicher Wörter? Oder versteckt sich hinter dieser vermeintlichen Komplexität nicht vielleicht eine gewisse Bequemlichkeit, ein stillschweigendes Eingeständnis, dass man sich den Herausforderungen des Sprachenlernens lieber nicht stellen möchte?
Tatsächlich lässt sich die Geschichte des Satzes „Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen“ nur schwer zurückverfolgen. Wahrscheinlich entstand er aus einer Mischung aus Frustration über die komplexen Regeln der deutschen Grammatik und dem Wunsch, die eigene Sprachlernfaulheit zu rechtfertigen. Ironischerweise hat gerade dieser Satz im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien eine gewisse Berühmtheit erlangt. Man findet ihn auf T-Shirts, Kaffeetassen und natürlich in den Tiefen des Internets – oft geteilt mit einem Augenzwinkern von Menschen, die selbst vor der Herausforderung des Deutschlernens stehen.
Doch betrachten wir die Sache einmal genauer. Ist es wirklich sinnvoll, die Lebenszeit als Argument gegen das Deutschlernen ins Feld zu führen? Immerhin ist das Leben auch zu kurz, um jeden Tag die gleiche langweilige Pasta zu essen, sich jeden Abend den gleichen langweiligen Film anzusehen oder jeden Tag den gleichen langweiligen Job zu machen. Und doch tun wir genau das oft, aus Angst vor Veränderung, aus Bequemlichkeit, aus Gewohnheit. Warum sollte es beim Sprachenlernen anders sein?
Die Entscheidung, Deutsch zu lernen – oder eben nicht – sollte nicht von einer vorgefertigten Phrase diktiert werden. Vielmehr sollte sie von den eigenen Interessen, Zielen und Motivationen abhängen. Möchten Sie die Werke von Goethe, Schiller und Kafka im Original lesen? Möchten Sie sich mit deutschsprachigen Menschen in ihrer Muttersprache unterhalten und ihre Kultur besser kennenlernen? Oder träumen Sie vielleicht davon, in Deutschland, Österreich oder der Schweiz zu leben und zu arbeiten?
Wenn Sie eine dieser Fragen mit „Ja“ beantworten können, dann ist das Leben definitiv nicht zu kurz, um Deutsch zu lernen. Ja, die deutsche Sprache mag ihre Tücken haben. Doch mit der richtigen Einstellung, einer Portion Geduld und einer Prise Humor lässt sich auch diese vermeintliche Festung bezwingen. Und wer weiß, vielleicht stellen Sie am Ende sogar fest, dass die deutsche Sprache gar nicht so kompliziert ist, wie ihr Ruf – und dass das Leben viel zu kurz ist, um auf die Bereicherung durch eine neue Sprache zu verzichten.
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Birgit Hummler ~ Das Leben ist zu kurz, um Deutsch zu lernen - Trees By Bike